Einleitung
Die Encephalitozoonose ist eine in Versuchstierhaltungen, Rassekaninchen aber auch bei Heimtierkaninchen weit verbreitete Infektion, die durch den obligat intrazellulär parasitierenden Erreger Encephalitozoon cuniculi verursacht wird.
Obwohl akute Krankheitsverläufe mit Todesfolge im Vergleich zur hohen Seroprävalenz (Nachweis von Antikörpern) in unseren Kaninchenbeständen eher selten sind, bewirken die meist subklinisch-latent verlaufenden Infektionen Läsionen an den Nieren, im Gehirn und anderen Organen.
Die Parasiten können trotz Immunantwort des Wirtes langanhaltend persistieren und bei einem "immunologischen Ungleichgewicht" reaktiviert werden, sich vermehren und scheinbar plötzlich eine symtomatische Infektion auslösen.
Die Encephalitozoonose ist beim Kaninchen die häufigste Ursache für zentralnervöse Störungen und kann darüber hinaus auch zu Niereninsuffizienz oder phakoklastischer Uveitis (Augenentzündung) führen.
Erregerbiologie
Der Entwicklungszyklus der Mikrosporidien umfasst 3 Stadien.
I. Phase
Das infektiöse Stadium ist die in die Außenwelt abgegebene umweltresistente Spore, die einen spiralförmig aufgerollten tubulären Polfaden enthält. Nach peroraler Aufnahme durch den wirt kann der Polfaden im Gastrointestinaltrakt - wahrscheinlich durch Duodenalflüssigkeit stimuliert - ausgestülpt werden und die Wirtszelle penetrieren. Der hohle Polfaden dient als Kanal für die Invasion der Wirtszelle durch das Sporoplasma (den eigentlichen Parasiten).
II. Phase
Im Zytoplasma der Zelle findet die Vermehrung durch ungeschlechtliche Teilung (proliferative Phase) statt.
III. Phase
In der Phase der Sporogonie kommt es schließlich zur Bildung von Sporonten, Sporoblasten und zur Reifung infektionsfähiger Sporen, die nach Ruptur der Wirtszelle freigesetzt und hämatogen (auf dem Blutweg) in nahezu alle Organe verteilt werden. Als Prädilektionsoran sind jedoch das Gehirn und die Nieren anzusehen.
E. cuniculi weist ein sehr breites Wirtsspektrum auf. Der Erreger konnte bei einer Vielzahl von Säugetierspezies, u. a. Kaninchen, Meerschweinchen, div. Nager, Hund, Katze, div. Paarhufer, Pferd, und Primaten einschließlich des Menschen, nachgewiesen werden, aber auch bei einigen Vogelarten.
Klinische Symptome
ZNS-Störungen
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Ataxie
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Torticollis
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Nystagmus
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Parese bzw. Paralyse von Vorder- und/oder Hintergliedmaßen
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Tetraplegie
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Verzögerung oder Ausfall des Pupillarreflexes
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Tonisch-klonische Krämpfe mit Opithotonus
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Anfälle
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plötzlicher Todesfall
chronische Niereninsuffizienz
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Polydipsie/polyurie mit durchnässtem Fell
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Mineralisierungsstörungen des Skeletts (sekundäre renale Osteodystrophie)
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pathologische Frakturen
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hochgradig gestörtes Allgemeinbefinden infolge Nierenversagen
Okuläre Symptome
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phakoklastische Uveitis
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Katarakt (grauer Star)
Bitte beachten Sie, eine Vielzahl der oben genannten Symptome kommen auch im Zusammenhang mit anderen Erkrankungen vor.
Therapieansatz
Durch den Einsatz wirksamer Präparate in Kombination mit einer effektiven symptomatischen Begleitbehandlung gelingt es zumindest in vielen Fällen eine klinische Heilung zu erreichen. Zum Einsatz kommen Antibiotika, Kortikosteroide, Antiparasitika, Vitamine und ggf. Infusionsbehandlungen.
Eine vollständige Erregereliminierung ist nicht zu erwarten, in manchen Fällen kann es auch zu einem Rezidiv kommen.