Die anatomischen, zuchtbedingten Veränderungen an Nasenflügeln, Nasenmuscheln, Septum, im oropharyngealen Raum und am Larynx bewirken einen erhöhten Atemwiderstand beim Einatmen. Betroffene Tiere zeigen selbst in Ruhe ein für Hunde als obligate Nasenatmer nicht normales vermehrtes Maulatmen (Hecheln) und geraten bereits in Ruhe oder bei leichter Belastung in einen Zustand der Atemnot.
Ursachen der Atemnot beim brachyzephalen Hunden
• Zu enge Nasenlöcher behindern den Luftstrom (Titelbild)
• Relative Konchenhypertrophie: Brachyzephale Hunderassen erfahren nach der Geburt eine Wachstumshemmung des Kieferschädels (mittlerer Gesichtsabschnitt). Somit behalten adulte Tiere ihre Stupsnase, während die Nasenmuscheln gleichzeitig weiterwachsen. Dieses Wachstum scheint nicht rechtzeitig zu stoppen, sodass sich ein ausgeprägter Kontakt zwischen den benachbarten Lamellen der Nasenmuscheln entwickelt; es bleibt zwischen den Schleimhautoberflächen kaum noch Raum für durchströmende Luft. Die Nasenmuscheln sind dementsprechend im Verhältnis zum zur Verfügung stehenden Volumen der Nasenhöhle viel zu groß und erscheinen verdickt. Als Folge steigt der Luftwiderstand intranasal massiv an.
• Eine häufig vorliegende Septumdeviation führt zu erhöhten Luftwiderständen im Strömungskanal der Nase.
• Es findet sich reichlich lockeres Gewebe im oropharyngealen Raum, insbesondere ein verlängertes Gaumensegel (ESP); dieses Gewebe ragt in den Luftkanal der Atemwege hinein und wird atemsynchron bewegt, bis es zu einem Gewebevorfall mit ausgeprägter Ödembildung und Gewebeentzündung kommt. Aufgrund dessen muss bei betroffenen Hunden dieses Gewebe häufig chirurgisch entfernt werden.
• Makroglossie führt dazu, dass die Zunge im Maul unnatürlich nach oben rollt und dabei Schluck- und Atembeschwerden auslösen kann.
• Larynxkollaps (infolge Laryngomalazie) durch Verlust der Stabilität und Festigkeit des knorpeligen Kehlkopfgerüsts.
• Gelegentlich tritt bei Möpsen ein Trachealkollaps durch Tracheomalazie auf. Dieses Phänomen führt zu plötzlicher Atemnot.
Folgen der Atemnot
In einer Befragung von Besitzern brachyzephaler Hunde sahen jedoch 58 Prozent der Befragten die erschwerte Atmung ihres Hundes nicht als Problem an, einige bezeichneten es als „Rassenorm“. Dies deutet darauf hin, dass Atemprobleme nicht erkannt und betroffene Hunde nicht einem Tierarzt vorgestellt werden, der medizinische Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Lebensqualität einleiten könnte. Ohne Erkennung dieser Tierschutzaspekte und der klinischen Symptome durch den Hundebesitzer bleibt der Hund unbehandelt und muss mit den negativen, chronischen Effekten der Brachyzephalie leben. |
Symptome der Atemnot
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Zyanose der Schleimhäute
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angeschwollene, blaue Zunge
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heftiges, angestrengtes Atmen mit abgestellten Ellbogen, aktivem Einsatz der Bauchmuskeln und pumpender Atmung
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ständige Atemgeräusche (Schnarchen, Gieren, Pfeifen) auch in Ruhe
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Bewegungsunlust, häufiges Hinsetzen/Hin - legen während des Spaziergangs – Erstickungsanfälle mit Synkopen
Gestörte Thermoregulation
Die Brachyzephalie beeinträchtigt nicht nur die lebensnotwendige Sauerstoffaufnahme durch die Atmung, sondern auch die Temperaturregulation des Körpers.
Die Körpertemperaturregulation des Hundes erfolgt nicht primär über Schweißdrüsen, sondern v. a. über die feuchte Wärmeabgabe (Verdunstungskälte) von Nase und Zungengrund. Hunde sind Nasenatmer und atmen nur über das Maul, wenn die Wärmeabgabe über die feuchten Schleimhäute der Nase nicht mehr ausreicht (Hecheln). Hecheln gilt zwar als die effektivste Form zur Temperaturregulation, bedingt aber einen gesteigerten Sauerstoffverbrauch. Durch die Anstrengung steigt auch die Körpertemperatur, sodass Hecheln nur in kurzen Episoden zielführend ist. Ist auch über das Hecheln über längere Zeit keine Senkung der Körper - innentemperatur möglich, führt es zur körperlichen Erschöpfung mit Verlust von Körperwasser, Überwärmung des Körpers, Sauerstoffmangel bis hin zur Bewusstlosigkeit, Kollaps und Tod.
Die Verkürzung der Nase und die damit stattgefundenen anatomischen Veränderungen behindern beim brachyzephalen Hund maßgeblich die Körpertemperaturregulation über die Nase. Das daher oft ständig notwendige Hecheln stellt eine weitere Belastung für den Atmungsapparat und die Sauerstoffaufnahme dar. Übergewicht kann diesen Effekt durch die schlechte Wärmeleitfähigkeit von Unterhautfett noch verstärken und verschlimmert so die Probleme der Thermoregulation.
Therapeutische Maßnahmen
Ein verlängertes Gaumensegel (ESP) und stenotische Nasenlöcher sind Teile des brachyzephalen Syndroms.
Die operativen Methoden für die Korrektur einer ESP ist das Kürzen des Gaumensegels und eine Vergrößerung der Nasenlöcher, hier stehen verschiedene operative Techniken zur Verfügung.
Operationstechnik in unserer Praxis
In unserer Praxis wird Faltlappenplastik des weichen Gaumens FFP (Folded Flap palatoplasty) sowie eine Keilresektion der Nasenflügel durchgeführt.